Vom Wochenblatt für das Oberamt Nürtingen
bis zur Nürtinger Zeitung

20. April 1803 Johann Georg Senner wird geboren. Er ist das 9. Kind des Schreiners Veit Senner in Pfullingen, dessen Vorfahren einst aus der Schweiz eingewandert waren. Johann Georg hatte 5 Brüder und 3 Schwestern. Von zwei seiner Brüder wissen wir, dass sie nach Südrussland ausgewandert sind.
   
1823

Johann Georg Senner scheint ein kluger und geschickter Bursche gewesen zu sein. Seine Eltern ließen ihn den Beruf des Buchdruckers lernen. Nachdem er ausgelernt und sich auf die Wanderschaft gemacht hatte, so wie es sich seinerzeit gehörte, stellte ihm 1823 sein Lehrherr, der Buchdrucker Bofinger in Pfullingen ein Zeugnis aus, in dem wir lesen können:

 „Unterzeichneter bekennt hiermit, dass Johann Georg Senner von Pfullingen gebürtig, bey ihm die Buchdruckerey-Kunst ordnungsgemäß erlernt hat. Während seiner Lehrzeit, und auch nachher, hat er sich in moralischer und sittlicher Hinsicht ganz gut betragen, war jederzeit treu und fleißig, so dass ihm hiermit alles gute Lob ertheilt werden kann. Zu seinem ferneren Fortkommen wird er jedem soliden Buchdruckerey-Inhaber bestens empfohlen. Reutlingen, 9. Februar 1823 Christoph Friedrich Bofinger Buchdrucker“

1823-1830

Wie jeden rechten Handwerksburschen zog es den Gesellen in die Fremde. Sein Weg führte ihn zum Buchdrucker und Buchhändler Albrecht Keller nach Ebnat in der Schweiz.
Anschließend arbeitet er in Tübingen in der Druckerei des Hopfer de L‘Orme, einer Ausgangsstätte der späteren „Tübinger Chronik“.

1831

Im Februar 1831 wurde Johann Georg Senner Bürger in Nürtingen und am 8. Februar 1831 reichte er ein Gesuch um Ermächtigung zur Errichtung einer Buchdruckerei und zur Herausgabe eines Wochenblatts bei der Königlichen Kreisregierung ein.

Endlich am 12. Mai 1831 erschien die 1. Ausgabe des neuen Wochenblatts. Gedruckt wurde es in der Hundsgasse, der heutigen Mönchstraße. Es hatte 4 Seiten und kostete 36 Kreuzer.

 
In den folgenden Jahren florierte die Sennersche Druckerei, vor allem wegen der immer häufiger verwendeten vorgedruckten Briefköpfe und Urkunden. Auch Bücher wurden bald gedruckt.
1840 Das Wochenblatt erscheint nun zweimal in der Woche, dienstags und samstags.
1842 Am 4. August starb Johann Georg Senner im Alter von 39 Jahren. Er hinterließ seine Frau, Karoline Senner, geborene Brodbeck und 4 Kinder.
Karoline Senner zeigte bereits am 7. August im Wochenblatt an, dass sie das Geschäft ihres Mannes zusammen mit einem Gehilfen weiterführen werde.
 
  Karoline Senner setzte sich voll und ganz für ihr Geschäft ein. Eifrige Konkurrenz und das verschärfte Pressegesetz von 1848 erschwerten die Arbeit.
Ab 1856 war die Ausübung der Buchdruckerei und des Zeitungsverlags nur mit einer persönlichen Konzession möglich.
1860 Karoline Senner starb 60jährig am 24. November 1860.
  Der einzige überlebende Sohn, Johann Gottlieb, der beim Tod seines Vaters 2 Jahre alt war, führte das Geschäft weiter. Nach den Erzählungen seiner Schwester Ernestine hatte er sich als kleiner Junge durch einen schweren Fall die Treppe hinab, eine Verletzung des Rückgrats zugezogen, die ein dauerndes körperliches Leiden zur Folge hatte. Seine Lehrzeit verbrachte Johann Gottlieb Senner in der eigenen Druckerei. Wegen seines Leidens ging er auch nicht auf Wanderschaft. Da Johann Gottlieb noch minderjährig war als seine Mutter starb, brauchte er aus rechtlichen Gründen zur Führung der Geschäfte einen Vormund, den er im damaligen Oberamtspfleger Sprinkhardt bekam.
1865 Ab dem 1. Januar 1865 erschien das Wochenblatt dreimal pro Woche: dienstags, donnerstags und samstags.
1871 1871 verlobte sich Johann Gottlieb Senner mit Johanna Beck, aus Heidenheim, geb. 12. Juni 1845.
  Der Verlobung folgte bald die Heirat. Am 3. März 1872 wurde ihnen ein Sohn Julius Gustav, am 8. März 1874 eine Tochter Elise geboren.
1881 1881 Jahr feierte die Buchdruckerei Senner ihr 50Jähriges Bestehen. Druckerei und Wohnung wurden von der Neckarsteige in die Steinengrabenstraße verlegt. Beides verblieb dort bis 1966.


1884 Am 24. März 1884 starb Johann Gottlieb Senner an einem Herzschlag.
1885 - 1893

Johanna Senner hielt nicht nur den Betrieb aufrecht, sondern vergrößerte und verbesserte ihn stetig. Im Jahr 1885 schaffte sie den ersten Gasmotor an, vorher musste die Druckmaschine über ein Schwungrad von Hand angetrieben werden.

Vom 1. September 1888 an erschien das Wochenblatt viermal wöchentlich, und zwar dienstags, donnerstags, samstags und sonntags, gedruckt wurde jeweils am Nachmittag des vorhergehenden Tages.

Vom 1. Juli 1889 an wagte Johanna Senner, das Wochenblatt täglich erscheinen zu lassen. Auch sonst baute sie das ihr anvertraute Werk weiter aus. Sie erwarb unter anderem die ehemalige Kleinsche Druckerei.

Auf 1. Januar 1893 wurde der nun veraltete Name Wochenblatt abgelegt und der Zeitung der Name „Nürtinger Tagblatt„ gegeben.

1894 - 1904 Das Jahr 1894 brachte der Witwe Johanna Senner eine wesentliche Erleichterung. Ihr Sohn Julius Gustav Senner kehrte aus der Fremde heim. Bis zum Jahre 1904 arbeiteten Mutter und Sohn zusammen.
In diesem Jahre verheiratete sich Gustav Senner mit Emilie Jauß aus Backnang. So konnte sich Frau Johanna Senner, nachdem sie zehn Jahre allein und zehn Jahre mit ihrem Sohn das Geschäft betrieben hatte, in den Ruhestand zurück ziehen.
1907 - 1931

Die Räume der Sennerschen Druckerei wurden zu klein. Gustav Senner erwarb 1907 das angebaute Haus und dehnte die Druckerei auf das ganze Erdgeschoss aus. So konnte 1908 eine Doppelschnellpresse aufgestellt werden.

Der Erste Weltkrieg brachte dem Nürtinger Tagblatt neue Lasten. Das Amtsblatt musste erscheinen, obwohl ein Teil des Personals einberufen wurde. Es mussten Kriegsverordnungen, Heeresberichte und so weiter veröffentlicht werden. Extrablätter wurden verteilt. Dazu kam vom Herbst 1914 bis Ende 1916 als Beilage zur Samstagausgabe eine Kriegszeitung mit Stimmungsberichten, Feldbriefen von Bezirksangehörigen, Nachrufen für Gefallene, Beiträge vom Kriegspressequartier und vieles mehr.

Auf Grund des Personalmangels musste zum dritten Mal in der Geschichte der Firma Senner die Frau einspringen. Frau Emilie Senner übernahm große Teile der Büroarbeit und Gustav Senner stellte sich an den Setzkasten.

Nach dem Krieg wurde das Setzmaterial erneuert und die vielen Druckaufträge machten die Anschaffung weiterer Druckmaschinen notwendig. So wurden zwei Schnellpressen, eine Tiegelpresse und eine Bostonpresse gekauft. Bald folgten zwei Druckautomaten und dann die Krone der damaligen Einrichtung: eine Setzmaschine Linotype.

Im Jahre 1931, zum 100Jährigen Jubiläum, wurde eine größere Schnellpresse aus der Maschinenfabrik Mailänder, Cannstatt, aufgestellt. Auch das Personal wurde ständig vergrößert. Im Jahr 1931 waren 9 Gehilfen und 2 Lehrlinge in der Druckerei beschäftigt.

1931 Johanna Senner starb am 22. Mai 1931, zehn Tage nach dem 100jährigen Jubiläum der Firma.
1933 Das Jahr 1933 und die folgenden Jahre nahmen den Zeitungen die so schwer erkämpfte Pressefreiheit. Soweit sie nicht sofort verboten wurden, mussten sich die meisten Blätter früher oder später „gleichschalten“ lassen, mit anderen Worten, sich der NS-Presse anschließen.